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Ein Traditionshaus mit allerlei Geschichten

  • Das Hotel Madrisa hat schöne und schicksalhafte Jahre erlebt. Von der Säumerschenke „Rößli“ über den Jugendstilbau bis zum heutigen Hotel war es ein ereignisreicher Weg. Ob Skilehrer, Gelehrte, Weltenbummler, Bergfreunde oder Schriftsteller – viele Menschen haben hier Geschichte geschrieben. Starke Frauen prägten damals schon die Geschicke des Hauses – und tun es noch heute. Weltoffene Hoteliers arbeiteten Tag und Nacht mit Weitblick und Fleiß. Pioniere verschrieben sich der Idee von Nachhaltigkeit. Leidvolle Erfahrungen wie Verlust, Krieg und Naturgewalten gehören ebenso zum Erbe wie freudvolle Momente, Spatenstiche und Feste. Die Leidenschaft für Schöngeistiges brachte Musik, Literatur und Kunst ins Haus. Doch was das Hotel Madrisa in all dieser Zeit verband, das war und ist die Familie. Denn sie ist die Gemeinschaft, das unsichtbare Band, das alles im Innersten zusammenhält. Das war so in den letzten 100 Jahren – und wird auch in Zukunft so sein.

1875

Von der Säumerschenke zum Hotel Madrisa

Der Ursprung des Hauses geht auf eine kleine Säumerschenke zurück. Aus alten Aufzeichnungen wissen wir, dass das sogenannte „Rößli“ die erste Einkehrmöglichkeit in Gargellen war. Heimatforscher Ludwig Vallaster erwähnte als ersten Wirten Johann Josef Bahl aus altem Montafoner Geschlecht. Der Schrunser „Frankreichgeher“ Franz Xaver Schwarzhans erwarb später das Gebäude und erbaute 1889 an dieser Stelle das erste „richtige“ Hotel mit fünfzig Betten in Gargellen. Er gab ihm den klangvollen Namen des talbeherrschenden Gipfels: Hotel Madrisa.

Um 1900

Jugendstil und illustre Gästeschar

Das Hotel wurde von einem Konsortium gekauft und bedeutend vergrößert. Nach den Plänen des Bregenzer Architekten Willibald Braun wurde das Haus in kunstvoller Holzbauweise um einen vierstöckigen „Neubau“ mit elegantem Speisesaal erweitert und ein hauseigenes Elektrizitätswerk errichtet. Der neue Jugendstiltrakt war damals schon ein Gargellner Wahrzeichen. Die großzügige Raumhöhe verdankte das Hotel dem Gardemaß seines Erbauers. 1889 berichtete der Direktor der meteorlogischen Zentralanstalt in Wien über die Vorteile Gargellens als Höhenluftkurort. Alsbald kam der Erholungsurlaub im Luftkurort in Mode. Eine illustre Gästeschar aus Fabrikanten, Akademikern, Künstlern und Privatiers gab sich im Hotel Madrisa ein Stelldichein. Auch Sigmund Freud, Peggy Guggenheim und Arthur Schnitzler waren Gäste des Hotel Madrisa.

1904

Erste Wintergäste

1904, um die Weihnachtszeit, verzeichnet das Gästebuch des Hotel Madrisa erstmals Wintergäste. Von einer „Wintersaison“ konnte aber noch keine Rede sein. Erste Gäste waren Tourengeher, darunter auch viele internationale Sportler.

1922

Gründung einer Skischule

Das Hotel Madrisa blieb von nun an auch im Winter geöffnet. Die Alpenpioniere Walther Flaig und Viktor Sohm hielten erste Skikurse ab. Bertram Rhomberg engagierte Mitte der 1920er Jahre den bekannten Skipionier Oberst Bilgeri für Tiefschnee- und Geländeskikurse. Im Auftrag des Hotel Madrisa publizierte Walther Flaig 1928 den Tourenführer „Skifahrten um Gargellen“.

1930er

Bertram Rhomberg wird Hotelier

Geheimrat Mey aus Würzburg übernahm das Hotel und engagierte 1929 den international erfahrenen Dornbirner Hotelfachmann Bertram Rhomberg, der zuvor Direktor in angesehenen Hotels in Taormina, Nizza, London und Südtirol war. Ein Jahr später kaufte Bertram Rhomberg das Hotel und war von da an Hotelier mit Leib und Seele. Der weitgereiste und beruflich erfahrene Bertram Rhomberg brachte namhafte Größen aus aller Welt nach Gargellen wie beispielsweise den Leiter des Deutschen Archäologischen Institutes in Konstantinopel oder den deutschen Verleger Brockhaus. In der Zeit der Tausendmarksperre, wo deutsche Gäste fehlten, urlaubten im Madrisa die Gouverneure von Malta und Tanganyika und der Leibarzt der niederländischen Königin.

Es gehört zu einem Berufe auch Idealismus und darf einem nicht immer nur der materielle Vorteil maßgebend sein. Ich stelle keine großen Ansprüche an das Leben und gehe in meinem Berufe auf, wenn ich arbeiten kann, wie ich es für gut finde.

Auszug aus der Privatkorrespondenz von Bertram Rhomberg um 1930

1932

Motorschlitten und Postbusse

Die fehlende Straße war Bertram Rhombergs größte Herausforderung. Gargellen wird in den Archiven als „Kaiserschloss, zu dem als Zugang eine Hühnerleiter führt“ beschrieben. Die alte Straße führte über die Maisäß Rüti und den Platina-Stutz. Für Autos und Pferdefuhrwerke war diese Zufahrt nach Gargellen schwer zu bewältigen. Erst ab 1932 brachte ein Motorschlitten mit Kufen und Raupen die Gäste nach Gargellen und kurz darauf befuhren im Sommer auch Postbusse die „Straße“. Doch diese glich eher dem alten Handelspfad, als einer Straße, wie man sie heute kennt.

1933

Midy und Bertram Rhomberg

Ein wichtiger Moment in der Geschichte des Hotel Madrisa war die Heirat von Midy Karl und Bertram Rhomberg im Jahr 1933. Sie führten das Hotel gemeinsam durch die Krise der Tausendmarksperre und durch die Kriegsjahre – mit den damit verbundenen Zwangseinquartierungen, Grenzsicherung, Kinderlandverschickung und Besatzungszeit. Die Gargellner Berge spielten dabei eine besondere Rolle. Sie bildeten von 1938 bis 1945 die Grenze zwischen dem „Deutschen Reich“ und der Schweiz. Diese am Gebirgskamm des Rätikons und der Silvretta verlaufende Grenze war durch keine Straße und keinen offiziellen Grenzübergang erschlossen. Durch die abgelegene Lage am Ende eines Tales, war sie deshalb auch Ziel zahlreicher Menschen auf der Flucht vor nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung. Hier, an der Grenze zur neutralen Schweiz, endete die Diktatur und begann die Freiheit. Nicht allen gelang die Flucht.

1940er

Midy, eine starke Frau

Nach dem frühen Tod ihres Mannes musste Midy Rhomberg ab 1947 das Hotel alleine weiterführen. Trotz weiterer Schicksalsschläge glaubte sie an die Zukunft des Hotels und Gargellens. Sie liebte die Menschen, war willensstark, innovativ und prägte in den folgenden Jahrzehnten maßgeblich das Geschehen in der Familie, im Hotel und im Ort. 1949 baute sie den ersten Schlepplift in Gargellen und war Gründungsmitglied der Gargellner Seilbahn. Midy Rhomberg baute das Lebensmittelgeschäft aus und eröffnete ein Sportgeschäft. Sie engagierte ein Hausorchester, erneuerte das Hotel und damit sein Prestige.

1950er

Schriftsteller im Madrisa

Midy Rhombergs Liebe zur Literatur ließ langjährige Freundschaften zu Schriftstellern entstehen, die im Hotel Madrisa Stammgäste wurden. Die Alpinschriftsteller Walther und Hermine Flaig und die Lyrikerin Natalie Beer arbeiteten bei längeren Aufenthalten im Hotel und recherchierten für ihre Werke. Hedy Rothert, eine aus dem Rheinland stammende Schriftstellerin, war Midy Rhombergs beste Freundin. So entstanden Erzählungen, Poesie und Wanderführer mit spezifischem Gargellner Lokalkolorit.

1970er

Lilly und Hans-Karl Rhomberg

Im Hotel Madrisa haben die Generationen gewechselt. Hans-Karl Rhomberg setzte das Engagement seiner Mutter für den Ort und die Region fort. Gemeinsam mit seiner Frau Lilly Rhomberg erweiterte und modernisierte er das Hotel. Durch ihr besonderes Gespür gelang es Lilly Rhomberg die geeignetsten Architekten für die Erweiterung des Hotels zu engagieren. 1970 wurde das großzügige Hallenbad mit Saunalandschaft gebaut. Zehn Jahre später der Südwesttrakt mit Rezeption, Tagesbar, Montafonerstube, komfortablen Zimmern und eine Diskothek. Nur der wunderschöne Jugendstiltrakt aus der Zeit der Jahrhundertwende, ein Gargellner Wahrzeichen, blieb bestehen. Mit Mut und großem Gestaltungwillen sicherten Lilly und Hans-Karl Rhomberg die Zukunft des Hotels und positionierten es als eines der international bekannten Hotels in den österreichischen Alpen.

1990er

Bertram Rhomberg

Noch bevor Bertram Rhomberg jun. von seinen Eltern das Hotel übernahm, aktivierte er die in den 1960er Jahren stillgelegte hoteleigene Landwirtschaft.

2000er

Monika und Bertram Rhomberg

Wieder wechselten die Generationen. Im harmonischen Miteinander. Lilly und Hans-Karl Rhomberg standen Bertram und seiner Frau Monika Rhomberg zur Seite, die das Hotel weiterführten. Konsequent setzten Bertram und Monika Rhomberg in allen Bereichen des Hotels auf Nachhaltigkeit. Sie stellten die Heizung auf erneuerbare Energie um. Stilgerecht renovierten sie mehrere Zimmer im Jugendstiltrakt und das von Franz Xaver Schwarzhans im Jahr 1892 erbaute Mitarbeiterhaus. Ein besonderes Anliegen war Bertram Rhomberg die aktive Unterstützung des Theaterstücks „Auf der Flucht“ vom „teatro caprile“, das sich mit der Geschichte Gargellens und seiner Großeltern während des 2. Weltkrieges auseinandersetzt.

2017

Blick nach vorne

2017 verunglückte Bertram Rhomberg bei der Schneeräumung eines Alpweges tödlich. Unterstützt von ihren Schwiegereltern führt Monika Rhomberg das Hotel in die Zukunft und setzt die mit ihrem Mann begonnenen Renovierungs- und Modernisierungsvorhaben fort. Ihre Tochter, Johanna Rhomberg, unterstützt ihre Mutter im Hotel und übernimmt die Landwirtschaft ihres Vaters. Sie wird die jüngste Landwirtin des Montafons, während ihr Bruder Adrian Rhomberg sein Wirtschaftsstudium in den USA und Paul Rhomberg die Hotelfachschule in Salzburg abschließen.

Fotosammlung: Friedich Juen